Schnittstelle von Physio- und Psychotherapie

In unserer schnelllebigen Zeit „funktionieren zu müssen“ wird im Berufs- und Privatleben eigentlich schon vorausgesetzt. Immer mehr Menschen zeigen durch diese Überforderung Beeinträchtigungen. 

Neurobiologisch kann diese Überforderung eine Dysregulation des autonomen Nervensystems zur Folge haben. Dies wiederum kann sich dann in körperlichen und psychischen Symptomen zeigen.

 

 

Das autonome Nervensystem (ANS) 

Es ist zuständig für automatisch unbewusst ablaufende Körperfunktionen wie z.B. Herzschlag, Atmung oder Verdauung.

Es wird hauptsächlich über den Tagnerv (= Sympathikus)  und Nachtnerv (= Parasympathikus)  geregelt. 

Der „Tagnerv“, wie das Synonym bereits verrät, bereitet den Körper auf Aktivität vor, und wir starten bestenfalls mit Energie und Kraft in den Tag. Außerdem wird er angesprochen, wenn wir uns aufregen, uns ärgern oder überlastet sind. In der Fachwelt finden wir in diesem Zusammenhang auch den Begriff "Kampf- oder Fluchtmodus".

Der „Nachtnerv“ ist für das Gegenteil verantwortlich, er lässt uns zur Ruhe kommen und bereitet uns auf einen entspannten Schlaf vor. Aber auch bei Erschöpfungs- und  Schmerzzuständen, Traurigkeit oder bei großer Gefahr kann er eingeschaltet sein.

 

Das Toleranzfenster ( Erklärungsmodell von Dr. D. Siegel)

Physiologisch schwingt das autonome Nervensystem (ANS) und hat einen biologischen Tag-Nacht-Rhythmus. Es schwingt am Tag hoch (Sympathikus) und in der Nacht runter (Parasympathikus), aber es kann, je nachdem in welcher Situation wir uns befinden, auch kurzfristig andersherum schwingen. Wir sprechen von einem flexiblen angepassten ANS. 

In diesem Zusammenhang hat Dr. Siegel das „Toleranzfenster“ als Erklärungsmodell entwickelt. Er beschreibt, wenn das ANS innerhalb dieses Fensters hoch- und runterschwingt, ist es gut reguliert. Hier befinden wir uns in einem gesunden Bereich und fühlen uns körperlich und psychisch ausgeglichen.

Schwingt das autonome Nervensystem nicht mehr innerhalb dieses Fensters und die Schwingungsspitze ragt aus dem Toleranzfenster, befinden wir uns in einem ungesunden Bereich (Dysregulation). Dies kann viele Folgen haben, die das Lebensgefühl negativ beeinträchtigt. 

 

Symptome einer Dysregulation

Es kann zu erhöhter Aktivität kommen, Ruhelosigkeit, Sprichwörtlich auch der „Hansdampf in allen Gassen“, Konzentrationsstörungen, überhöhter Aktionismus. Aber auch das Gegenteil kann entstehen wie starke Erschöpfung, Schmerzen wie  z.B. starke Muskelverspannungen, dadurch eingeschränkte Gelenkfunktionen und fehlende Beweglichkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, traurige Verstimmung, Erschöpfung und der Antrieb fehlt. Zudem fehlen dem Körper Erholungsphasen und Regeneration! Wenn am Abend die Arbeit geschafft ist, fühlt es sich eher an wie ein körperlicher Zusammenbruch und für Freizeit und Hobbys steht keine Energie mehr zur Verfügung. Es können sich Ängste einstellen bis hin zur Vereinsamung, das Gefühl nicht verstanden zu werden und Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich.

 

 

"Eine Dysregulation  kann sich somit in allen Lebensbereichen zeigen, ob psychisch oder körperlich. Es stellt sich das Gefühl ein, nur noch funktionieren zu müssen ohne auf den Körper zu achten"!

 

 

 

Das Ziel ist das autonome Nervensystem in einen regulierten Zustand zu lenken, aber auch, aus sich heraus ein Ungleichgewicht zu erkennen und eigenständig wieder ein Gleichgewicht herzustellen (Selbstregulation).   

Schwingt das ANS wieder im gesunden Bereich, dieser Bereich wird auch "soziales Nervensystem" genannt, sind soziale Interaktionen möglich. Wir sind neugierig auf die Welt, die Fähigkeit zu reflektieren ist gegeben und  Kommunikation gelingt deutlich besser. Wir sind ausgeglichener, können  Ruhephasen genießen und wieder Kraft und Energie aufladen, auch Schmerzzustände verringern sich und wir machen wieder Pläne, freuen uns auf Freizeit/Hobby, gehen gerne in Kontakt und genießen das Leben.

 

Die Polyvagaltheorie 

Auch das Wissen aus der Polyvagaltheorie beschrieben von Prof. St. Porges hat Einfluss auf die Therapieeinheit. Hier wird u.a. der hohe Stellenwert von  „Sicherheit“ erklärt. Gemeint ist das "Gefühl" von Sicherheit! Es ist evolutionär tief in uns verankert und wir nehmen es bewusst nicht mehr wahr, aber unser autonomes Nervensystem (ANS) scannt automatisch ständig die Umgebung ab und überprüft ob diese sicher ist oder nicht. Dies ist ein neurobiologischer Vorgang. Die Bewertung des ANS, ob die Umgebung oder auch mein Gegenüber "sicher" ist, hängt damit zusammen welche Erfahrungen wir im Leben gemacht haben.

Hierzu ein Beispiel: Wenn ich bei einem nächtlichem Spaziergang überfallen werde, mit großer Angst flüchte, ist die Wahrscheinlichkeit groß, solche Spaziergänge zukünftig zu vermeiden. Das autonome Nervensystem hat mit einer Über-Erregung reagiert und diese Erfahrung abgespeichert. Verstand und der Körper haben nun gelernt, nächtliche Spaziergänge sind gefährlich!

Wenn ich allerdings bei dem Nachtspaziergang die herrliche Ruhe und den Sternenhimmel genießen kann und alles ist friedlich, mache ich eine ganz andere Erfahrung und freue mich auf den nächsten Spaziergang. Hier ist das autonome Nervensystem entspannt und reagiert dementsprechend mit einer Ausgeglichenheit. Verstand und Körper fühlen sich sicher!

 

In der Therapie ist es daher auch wichtig, ein „sicheres“ und ruhiges Umfeld zu schaffen.  Eine empathisch zugewandte Begegnung tragen ebenfalls dazu bei, das „soziale Nervensystem“ einzuschalten. Erst dann kann positive Veränderung geschehen!

 

Die Schnittstelle von Physio- und Psychotherapie ermöglicht eine ganzheitliche Herangehensweise. Physio- und psychotherapeutische Interventionen helfen, das "soziale Nervensystem" einzuschalten.

 

Galerie

HPPraxis Bettina Eilts, Neustädter Wall 6, 26427 Esens

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